Die Folge, in der es um "Abschied vom Guru?" 2.0 geht.
Die Folge, in der es um "Abschied vom Guru?" 2.0 geht. Gäste: Thomas Voß und Markus Schulze Beschreibung: In dieser Episode von "Waldorf Perspektiven" diskutieren wir mit unseren Gästen Thomas Voß und Markus Schulze über die Kontroversen um Rudolf Steiner und die Waldorfpädagogik, insbesondere im Kontext von Antisemitismus und Rassismus. Inspiriert durch ihren Artikel "Abschied vom Guru?" aus der Zeitschrift "Erziehungskunst" im Dezember 2002, beleuchten sie die Notwendigkeit einer differenzierten und kritischen Auseinandersetzung mit Steiners Lehren. Highlights der Episode: Einführung: Moderator Yampier Aguiar Durañona gibt einen Überblick über die Bedeutung von Rudolf Steiner und die aktuellen Herausforderungen der Waldorfpädagogik. Zitat Thomas Voß: "Rudolf Steiner hat ein Erbe hinterlassen, das bis heute Bestand hat, aber wir müssen uns kritisch mit bestimmten Aspekten seiner Lehren auseinandersetzen." Zitat Markus Schulze: "Die Tiefe, die man für diese Diskussion braucht, wurde oft nicht erreicht, weil viele in einer vorsichtigen, manchmal abwehrenden Haltung verharrten." Diskussion über Rassismusvorwürfe: Markus Schulze: "Der absolute zentrale Punkt in meinen Augen waren eben die Rassismusvorwürfe, die erstmals von Jutta Ditfurth, einer Grünen-Abgeordneten, in ihrem Buch 'Feuer im Herzen' formuliert wurden." Thomas Voß: "Viele haben emotional reagiert, weil sie sich so stark mit Rudolf Steiner als Person verbunden fühlen. Das ist ihr Lebenselixier." Persönliche Erfahrungen und Entwicklungen: Thomas Voß: "Ich habe Steiner durch die letzten 30 Jahre einfach mehr schätzen gelernt als einen Ringenden, Lernenden, sich Entwickelnden." Markus Schulze: "Ein großer Punkt war dabei, ihn stärker in den historischen Zusammenhang zu stellen und uns klarzumachen, der Junge hat zu Jahrhundertwende gelebt." Kritik an der Stuttgarter Erklärung und der Stellungnahme des Goetheanums: Markus Schulze: "Ich war einfach nur entsetzt… Reiner Abwehrreflex." Thomas Voß: "Man kann vielleicht doch nochmal auf dieses Arbeitspapier des Goetheanums insofern etwas genauer eingehen, dass man mal auf den ganzen Aufbau, die ganze Machart eingeht." Zukunft der Waldorfpädagogik: Die Notwendigkeit eines dynamischen und kritischen Umgangs mit Steiners Werk. Thomas Voß: "Wir sehen in zwei Richtungen eigentlich die Aufgabe. Das eine ist ganz klar zu erkennen, dass wir in einer globalen Welt der Diversität und der Vielfalt leben." Markus Schulze: "Mit Steiner anders umgehen und Sachen auch rausschmeißen sicherlich, aber manche Sachen sind von den Konzepten einfach gut und interessant und bearbeitbar."
Literaturhinweise: Steiner und Rassismus: https://info3-verlag.de/projekte/frankfurter-memorandum/ https://www.anthroposophie-gegen-rassismus.de
Steiners Entwicklungsgedanke, der sich wie ein roter Faden durch die Anthroposophie und Waldorfpädagogik zieht und damit im Zusammenhang stehend Steiners Kulturstufenmodell, bei dem KritikerInnen auf die Gefahr der Hierarchisierung und strukturellen Diskriminierung verweisen sind die entscheidenden Punkte, von denen die Waldorfschulen sich distanzieren müssen. Sowohl beim Entwicklungs- und Evolutionsgedanken als auch dem Kulturstufenmodell, bei dem Steiner Völker (und leider auch „Rassen“) in verschiedene sich abwechselnde, aufeinander aufbauende, sich höher entwickelnde „Kulturen“ einteilte, werfen in der Tat Fragen auf und können trotz historischer Kontextualisierung so nicht hingenommen werden. KritikerInnen sehen hier berechtigterweise die Gefahr der Hierarchisierung, der Diskriminierung und des Rassismus. Markus (als Biologe) und Thomas (als Historiker) bewegt schon seit längerem die Frage, ob und in welcher Weise Steiners Denken „kontaminiert“ ist bzw. war von dem Denken des Evolutionsforschers (Rassisten, Sozialdarwinisten und Eugenikers) Ernst Haeckel (1834-1919). Um sich von dieser Haltung und Richtung zu distanzieren - auch Rudolf Steiner war ein Lernender - müssen diese Texte in der WaldorflehrerInnenausbildung wachsam zur Kenntnis genommen werden, um sie aktiv abzulehnen.
Hier könnte das seit 3-4 Jahren wieder stärker diskutierte Thema interessant sein: Rolle der Waldorfschulen im 3. Reich, ausgelöst u. a. durch den Artikel von Annika Brockschmidt, „Sind das jetzt alles Nazis?“, auf ZEIT ONLINE, 1. September 2020. Aufmerksam verfolgt haben beide autoren die Publikationen des Bundes der Waldorfschulen und des GOETHEANUMS, die offiziell zu den Rassismus- und Antisemitismusvorwürfen Stellung zu nehmen versuchen: Stuttgarter Erklärung 2007 und 2020 sowie Peter Selg, Constanza Kaliks, Justus Wittich, Gerald Häfner, „Anthroposophie und Rassismus“. Ein Beitrag aus der Goetheanums-Leitung/Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, 2021. Stuttgarter Erklärung Erziehungskunst Goetheanum Stellungnahme Ulrich Kaiser: "Der Erzähler Rudolf Steiner: Studien zur Hermeneutik der Anthroposophie" Weiterführende Links https://www.erziehungskunst.de/artikel/berlin-ick-liebe-dir https://www.erziehungskunst.de/artikel/autonomie-statt-autoritarismus https://www.forschung-waldorf.de/publikationen/detail/goebekli-tepe-und-der-prozess-der-sesshaftwerdung-2/ https://p116437.mittwaldserver.info/artikel/leserbriefe/selektive-wahrnehmung/ https://www.erziehungskunst.de/artikel/die-erste-grosse-menschheitsrevolution
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